Moers / Mythenmetz ~ Die Buchheim-Trilogie

1. Die Stadt der träumenden Bücher ♠♠♠♠♠

Wow. Wo fängt man bei so einem fantastischen Werk nur an zu erzählen… also, der Dichterjüngling Hildegunst von Mythenmetz wächst als Lindwurm auf der Lindwurmfeste auf. Sein Schicksal ist es, ein großer Schriftsteller zu werden, wie alle Lindwürmer. Als jedoch eines Tages sein Dichtpate Danzelot von Silbendrechsler stirbt, erbt er ein geheimnisvolles Manuskript. Dieses Schriftstück ist so fantastisch, mitreißend und weltverändernd geschrieben, dass Hildengunst sich auf die Suche nach dem mysteriösen Schriftsteller macht.

Sein erstes Anlaufziel ist dabei natürlich Buchheim, eine Stadt, die nur aus Verlagen, Buchhandlungen und Druckereien besteht und vom Buch lebt. Doch der Empfang ist alles andere als herzlich und je mehr Hildegunst über Buchheim und das geheimnisvolle Manuskript erfährt, umso mehr gerät er in Gefahr…

 

Moers vierter Zamonienroman ist eine Liebeserklärung an das geschriebene Wort in all seinen Facetten - Geschichte, Schrift, Bücher, Schreiben. Dies wird schon in der tollen Aufmachung der Bücher dieser Serie deutlich: großformatig, Lesebändchen, farbiger Kopfschnitt (gelb). Ein weiteres Highlight sind die zahlreichen liebevoll detaillierten Illustrationen, die das Buch zu einem besonders schön gestalteten Werk machen.

 

Als Übersetzer des Werkes von Hildegunst spielt Moers nicht nur mit dem Leser („Tut mir leid, aber ich kann leider nur ahnen, was mit dem Wort »knolfte« gemeint ist. Ich habe es selber erfunden, um damit ein Verb aus dem Zamonischen zu übersetzen, das mir völlig unbekannt ist“, S. 72), sondern auch mit diversen Schriftgrößen und –arten (siehe Die Kammer der gefangenen Echos, S. 249ff.). Eine meiner Lieblingsstellen ist „Sie wurden soeben vergiftet. (…) Dann wurde mir schwarz vor Augen.“ Und die nachfolgenden Seiten sind tatsächlich schwarz. Ich liebe solche Spielereien.

Während der Leser Hildegunst durch Buchhaim folgt, lernt er Daten und Fakten über die gesamte Literaturgeschichte Zamoniens und erhält wichtige Tipps, wie man im Literaturjungel überleben kann. Dabei hat Moers natürlich einiges der realen Literaturgeschichte entliehen – Gagaismus = Dadaismus – aber auch zahlreiche eigene Stilrichtungen erfunden (mein Favorit hier die Stottergedichte).

 

Spätestens wenn man auf Seite 437 „Schrecksenherrschaft“ statt „Schreckensherrschaft“ liest, weiß man, dass Zamonien einen nicht mehr gehen lassen wird und man nächste Woche in die Buchhandlung seiner Wahl rennt, um „Das Schloss der träumenden Bücher“ (erscheint am 08.10.2013) zu kaufen.

Um dann verzweifelt festzustellen, dass man sich verlesen hat und es am 08.10.2014 erscheint. Schnüff.

 

Weitere Informationen:

 

Fast alle erwähnten Dichterfürsten sind Anagramme von Namen realer Schriftsteller. Eine ausführliche Liste findet sich auf Mythenmetz.de, wo man außerdem Zahlen in zamonische Zeichen umwandeln lassen kann.

 

Ein interaktives Vergnügen sind die Goodies auf dieser Seite, die die Erinnerungen an das Lesevergnügen jederzeit zurückholen können, vor allem der Bildschirmschoner.

 

Lieblingszitate:

 

„Mich überkam der immer unwiderstehlicher werdende Wunsch, dies alles mit einem Satz in die Tiefe zu beenden, bevor die Harpyre endgültig triumphierten. Ein Sprung nur, und alles wäre vorbei. (…)

»Huhu!« sagte da eine Stimme in mir.“ (S. 299)

 

„Es ist nicht das Gehirn, das unser Bewusstsein bestimmt.

Es ist der Magen.“ (S. 317)

 

~ Lilith ~

01.10.2013

Zweite Meinung

Wow.

An dieser Stelle bitte ich diese Wiederholung zu verzeihen, jedoch gibt es keine angemessenere Art eine Beschreibung dieses Werkes zu beginnen - es haut einen einfach regelrecht um.

Mit der gleichen skeptischen, teilnahmslosen Zurückhaltung, mit welcher der angehende Dichter Hildegunst von Mythenmetz jenes geheimnisvolle Manuskript, welches im Mittelpunkt der Geschichte steht und sein Schicksals bestimmen wird, von seinem Paten entgegennimmt, habe auch ich dieses Buch von der mir am nächsten stehenden Person empfangen. Ebenso wie bei Mythenmetz war es lediglich ein wenig Neugier sowie das Vertrauen in jene Person, die mich zum Lesen motivierten, doch genauso wie unser angehender Schriftsteller von der Lindwurmfeste war auch ich völlig von den Zeilen gefangen, vergaß Zeit und Ort, kicherte, lachte und weinte beinahe. Als die letzte Zeile gelesen war, blieb ich genauso wie Mythemetz völlig geflasht, sprachlos und regungslos zurück. Und hier fängt die Geschichte erst an, denn als Mythenmetz loszieht, um den Autor dieses vollkommenen Werkes der Schreibkunst zu finden, begleite ich ihn nur zu gerne auf seinen fantastischen Abenteuern.

Der Anfang des Buches gestaltet sich noch wenig spektakulär, doch punktet das Werk hier bereits mit dem fantasievollen und amüsanten Schreibstil, welcher sich nicht nur sehr angenehm und vergnüglich liest, sondern den Leser sehr lebhaft am Geschehen teilhaben lässt. Besonders beeindruckt hat mich hier die gekonnte Leichtigkeit mit welcher Anekdoten und Hintergrundinformationen eingestreut werden ohne den Erzählfluss zu stören, man bekommt eine wahre Enzyklopädie (oder eher einen Reiseführer) Zamoniens ohne von der Informationsvielfalt erschlagen zu werden; eine Kunstfertigkeit, an der selbst international bekannte Autoren des letzten Jahrhunderts gescheitert sind (ich sehe Sie an, Herr Tolkien!). Kaum ist unser Held in Buchhaim eingetroffen, ist man als Leser bereits Teil dieser magischen, fantastischen Welt und nach dieser Phase des Warmwerdens steigt die Spannung schnell an, während die Geschichte viele Wendungen nimmt: aus einem Krimi um einen verschollenen Schriftsteller wird ein Thriller um ein spannendes Intrigennetz, doch eh man auf gewohnte, abgenutzte Bahnen gerät, wandelt sich die Geschichte in einen Mystery-Thriller, welcher an ein paar geschickt gesetzten Höhepunkten gar zur einer Horrorgeschichte ausartet, stets jedoch mit einer Prise Humor und Ironie, die das Lesen versüßen. Herr Moers ist sich auch nicht zu schade, dem Leser ein herzliches Lachen zu entlocken, indem er mit einer perfekt pointierten Selbstironie sich und seine Kollegen auf die Schippe nimmt.

Die schönen Illustrationen sowie die vielen Kunstgriffe und Spielereien, auf welche Lilith näher eingegangen ist, machen das Buch zu einem Gesamtkunstwerk, das umso mehr zu bieten hat, je neugieriger und aufmerksamer der Leser ist. So bietet jeder Autorenname ein Rätsel - und dessen Lösung ein Erfolgserlebnis und nicht selten auch ein amüsiertes Schmunzeln (klingt Ojahnn Golgo van Fontheweg nicht viel zauberhafter als das Original?).

Fazit:
Mit seiner Liebeserklärung an die Schreibkunst und an die Fantasie hat Walter Moers auch sich selbst ein Denkmal gesetzt, denn dieses Buch gehört zu den ganz großen Werken und ist eigentlich ein absolutes Muss für jeden, der gerne liest. Mein neues Lieblingsbuch.

Abschließend bleibt nur eines zu sagen:
So wie unser Hildegunst von Mythenmetz immer wieder von seinem Mentor gewarnt wird und so wie er auch an den Leser die warnenden Worte richtet, möchte auch ich nicht versäumen diese Warnung weiterzureichen:


„Ich habe Dich gewarnt. Es gibt Bücher, die gefährlich sind.“

 

~ Adam ~

11.11.2014


2. Das Labyrinth der träumenden Bücher ♠♠♠

200 Jahre liegen zwischen den beiden Bänden. Buchhaim ist partiell abgebrannt, wurde neu aufgebaut und restauriert. Hildegunst ist ein berühmter Schriftsteller geworden, der das Orm jedoch schon lang nicht mehr gesehen hat. Eines Tages erhält er einen mysteriösen Brief, der ihn erneut in die Stadt der träumenden Bücher führt...

 

Der zweite Band ist - wie der "Übersetzer" im Nachwort selbst sagt - nur die Ouvertüre. Hildegunst verbringt den Band damit, das neue Buchhaim zu erkunden.

Dabei verwendet er 2/3 des Buches damit, die neue Kunstform "Puppetismus" in all ihren Facetten zu erkunden. Moers selbst schlägt an einer Stelle vor, die folgenden Seiten zu überspringen, wenn kein Interesse daran besteht und um ehrlich zu sein, habe ich sie tatsächlich nur quergelesen.

100 Seiten werden damit verbracht, das erste Buch als Theaterstück erneut darzustellen, was zwar die Kreativität des Puppetismus darstellt, aber nichts für die Handlung tut.

 

Am Ende ist Hildegunst wieder unter der Erde mit einem Cliffhanger und ich glaube fest daran, dass der dritte Band dementsprechend mehr wie der erste wird.

 

~ Lilith ~

27.10.2013


3. Das Schloss der träumenden Bücher

erscheint 08.10.2015

Bitte beachten: ET wurde um ein Jahr verschoben! *schnüff*

*schluchzt in 2023*

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zuletzt aktualisiert 28.03.2024

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