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Lesungsrezension: Coralie Bickford-Smith

Als wir im Urlaub in Bath waren, lag unsere Unterkunft nur 5 Minuten von der Innenstadt entfernt. So konnte ich mich nach einem aufregenden Tag kurz ausruhen und dann zu einer Veranstaltung bei Toppings & Co mit Coralie Bickford-Smith, der Designerin der Penguin Clothbound Classics, gehen. Inzwischen hat sie auch vier eigene Bücher geschrieben und designt. Doch wie füllt man einen ganzen Abend mit Büchern, die man praktisch in fünf Minuten ausliest? 

 

Ich war frühzeitig da und wurde in den Keller gelotst, wo mich eine Buchhändlerin mit Wein/Zitronenlimo begrüßte. Es folgte pünktlich eine Vorstellung, der Abend wurde dann von Coralie und ihrem Mentor an der Design-Uni in Reading, Tom Sandas, bestritten. Da sich die beiden schon seit Studientagen kennen, lief das Gespräch sehr flüssig und Tom stellte viele interessante Fragen. 

So erfuhren wir, dass sich Coralie schon als Kind für Design und Aufbau eines Buches interessierte - mit fünf fing sie an, Bibeln zu sammeln. Nicht etwa, weil sie religiös war, sondern weil diese in vielen verschiedenen Ausgaben erschien, die sie analysieren konnte. Irre! 

Eine der Buchhändlerinnen hat das ganze Cover auf der Tafel nachgemalt!
Eine der Buchhändlerinnen hat das ganze Cover auf der Tafel nachgemalt!

Vor 20 Jahren erschienen die ersten Clothbound Classics. Es sollten ursprünglich nur 10 Bände erscheinen, aber wissen ja, wie das inzwischen läuft. Faszinierend war jedoch, dass die Druckerpressen nur darauf ausgelegt waren, den Rücken des Leineneinbands zu bedrucken - um das ganze Buch zu bedrucken mussten sie die Maschine umbauen! Die Investition hat sich ja wohl gelohnt.

Coralie spielt gerne mit den Symbolen, die sie für die Buchumschläge verwendet. So wird in "Love and Friendship" gelacht, während die Füße in der Luft wackeln, weshalb auf dem Cover Schuhe fliegen, während "Dracula" von einem Knoblauch-Ring in seinem eigenen Buchumschlag gefangen gehalten wird. 

Ihre Vorbilder sind William Blake, der auch seine Bücher selbst designt hat, und William Morris (vom Stil her). Ihr Arbeitsprozess beinhaltet, dass sie mit Stift und Pauspapier auf einer Lightbox zeichnet, bevor sie die Buchseite am Computer fertigstellt - schon doof, dass Druckereien heutzutage auf digitalen Dateien bestehen ;) 

 

Zum Schluss kamen wir dann doch auf ihre eigenen Bücher zu sprechen. Sie präzisierte, dass sie "The Fox and the Star" nach dem Tod ihrer Mutter schrieb - eine Geschichte vom Verlust und Weitermachen. "The Song of the Tree" handele vom Loslassen und "The Squirrel and the lost treasure" von Veränderungen und Akzeptanz. Für den Eichhörnchen-Schwanz nutzte sie das Fell ihrer Katze als Vorlage, clever! Ein weiterer Band über Schüchternheit und Angstzustände sei geplant, aber sie habe ihre Lektion diesbezüglich noch nicht gelernt und daher keine Idee - die Arme. 

 

"Colour has such energy and is such an invigorating thing"

Am Ende gab es dann auch eine Signierstunde für die älteren Titel ("Squirrel" hatte sie mittags bereits vorsigniert). Ich habe leider den dritten Band, "The Song of the Tree", verpasst und im Laden war er auch ausverkauft. Nun habe ich erstmal drei signierte Werke und ein süßes Foto. Dennoch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir einen Fall von "Introvert wurde für Marketingzwecke aus seiner Höhle gezerrt" haben - Coralie wirkte sehr aufgeregt und schüchtern. Ich habe einige Fragen gestellt und sie hat sich sehr für das Interesse bedankt. Ein wirklich schöner, unaufgeregter Abend mit guter Konversation zwischen Autorin, Interviewer und Publikum. 

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zuletzt aktualisiert 21.04.2024

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